STADTMUSEUM AICHACH

Das Kopialbuch von 1661

Christoph Lang


Es zeigt die erste Seite des Kopialbuchs. Die Seite enthält die Abschrift der Urkunde von 1347, in der Ludwig der Bayer der Stadt Aichach wichtige Rechtsprivilegien zugesteht. Sie beginnt mit den Worten: "Wir Ludwig von Gottes Genaden Römischer Khayßer zu allen Zeitten Mehrer deß Reichs bekhennen vnnd thun khundt [...] daß wür durch besonder Genad vnnd Gunst zu Frumb [= Nutzen] vnnd zu Besserung vnnserer Statt Aichach, dem Rhat vnnd den Burgern [...] verlichen geben [...] alle die Recht, [...] die vnser Statt vnnd die Burger zu München [...] haben". Am Ende der Urkunde werden Ort und Datum genannt: "München am Montag nach Sanct Veitstag, da man zehlt von Christi Geburtt dreizehen hundert Jahr vnnd in dem sieben vnnd vürzigisten Jahr, in dem drey vnnd dreissigisten vnsers Reichs vnnd in dem zwainzigisten deß Kaiserthumbs". Daneben ist das kurfürstliche Sigel des Jahres 1661 angehängt. (Foto: Philipp Rein)

Wozu ein Kopialbuch?
Die Bayerische Landesausstellung 2020 hatte das Entstehen der bayerischen Städtelandschaft während des 13. Jahrhunderts zum Inhalt. Am Ausstellungsort Aichach wurde das Thema multimedial vermittelt, in Friedberg gab es dazu eine Ausstellung mit Museumsobjekten. Da das Haus der Bayerischen Geschichte, das die Landesausstellungen in Bayern konzipiert, keine eigene Sammlung an historischen Objekten hat, werden die gezeigten Stücke von verschiedenen Museen in Bayern und darüber hinaus zur Verfügung gestellt. Wie schon öfter in den vergangenen Jahren geschehen, stellte das Stadtmuseum Aichach auch Objekte für die Landesausstellung 2020 zur Verfügung. Neben einem Hinterglasgemälde und einer sogenannten Handwerkskundschaft gehörte auch ein sogenanntes Kopialbuch dazu.
Dieses Kopialbuch wurde 1661 angelegt und enthält Abschriften von Urkunden, die für die Stadt Aichach von besonderer Bedeutung waren. In diesen Urkunden waren die wichtigsten Privilegien festgehalten, die der Stadt im Lauf der Jahrhunderte von den Landesherren verliehen worden waren. Diese Rechte gehörten zum kostbarsten immateriellen Besitz einer Stadt. Oft waren die Originalurkunden, wie im Falle Aichachs im Dreißigjährigen Krieg, vernichtet worden. Anderen Orten vergleichbar, bemühte sich die Stadt Aichach um Kopien der Urkunden, die sie 1661 auch erhielt und in Pergament binden ließ. Insgesamt enthält das Kopialbuch neun landesherrliche Urkunden aus der Zeit von 1347 bis 1599.

Meilensteine der Aichacher Stadtgeschichte
Die größte Bedeutung für die Selbstwahrnehmung der Stadt Aichach hat darunter das Privileg, das 1347 von Kaiser Ludwig dem Bayern (in seiner Rolle als Herzog von Bayern) besiegelt worden war. Vermutlich war die Initiative von der Stadt selbst ausgegangen. Namhafte Geldbeträge dürften dem klammen Kaiser das Zugeständnis erleichtert haben. Dieses Privileg, eine Einzelfallregelung, bezog sich auf das Verfahren vor dem Stadtgericht Aichach und gestand zu, dass neben dem Landrecht von 1346 auch das Münchner Stadtrecht Anwendung finden sollte. Auch wenn sich dieses Privileg möglicherweise in der Praxis nicht umsetzen ließ, wurde es mehrfach bestätigt. Ab dem 16. Jahrhundert diente es der Stadt Aichach v.a. als Argumentationshilfe bei Kompetenzkonflikten mit den landesherrlichen Beamten (dem Vorläufer des Landratsamtes).
Auch in der Neuzeit wurde das Privileg von 1347 als Meilenstein der Aichacher Geschichte gesehen. Die Feierlichkeiten von 1997, als an „650 Jahre Stadtrecht Aichach“ erinnert wurde, standen am Beginn der alle drei Jahre stattfindenden „Mittelalterlichen Markttage zu Aichach“.
Das Aichacher Kopialbuch von 1661 ist Ausdruck für die Emanzipation von der Landesherrschaft, das stetige Ringen um den Erhalt der einmal gewährten Rechte und das Selbstbewusstsein der bayerischen Städte.