STADTMUSEUM AICHACH

Ölgemälde "Marktszene in Aichach"

Gottfried Hecht und Justina Bayer


Die Figuren sind nur schemenhaft zu erkennen und zeugen von einem schnellen Markttreiben. „Marktszene in Aichach“, Hermann Groeber (1865-1935), um 1900, Öl auf Leinwand. (Foto: Franz Achter)

Eine andere Neuerwerbung des Stadtmuseums ist die Ölskizze von Hermann Groeber, die der ehemalige Museumsleiter Christoph Lang aus dem Kunsthandel erwerben konnte.
Auf den ersten Blick verwirrt zunächst das Durcheinander schnell gesetzter und stürmisch wirkender Pinselstriche. Die weiß grundierte Leinwand schimmert nur noch an wenigen Stellen durch eine rötlich-violette Lasurschicht durch. Wie der Künstler die Bildfläche einteilt, den Ausschnitt und die Bildkomposition wählt, lässt seine gestalterische Absicht erkennen. So zieht sich, von links unten nach rechts oben, eine dominante Bilddiagonale in Form eines Weges durch das Gewirr von Formen und Farben. Damit wird perspektivische Verkürzung und Räumlichkeit angedeutet. Darüber hinaus wird eine dynamische Beziehung vom Vorder- zum Hintergrund hergestellt.
In dem Durcheinander vieler Linien und Farbflecken erkennt man dann doch Menschen, Tiere und Gegenstände. Deren Umrisse sind nicht nur mit vorsichtig gezeichneten Strichen angedeutet, sondern auch teilweise mit energisch gesetzten Konturen und sich verdichtenden Farbflächen hervorgehoben. Zusätzlich werden helles Licht durch Weißhöhung und dunkle Schatten durch Schwarz betont. Die Marktszene wirkt einerseits wie ein zufälliger Schnappschuss, andererseits aber auch wie eine unscharfe Momentaufnahme zwischen Bewegung und vorübergehender Erstarrung.
Im Vordergrund sind auf dem großen freien Platz einige Marktfrauen und Männer in ländlicher Tracht zu identifizieren. Die Männer tragen Hüte als Kopfbedeckung. Die Bäuerin rechts unten hält ein Bündel unter dem Arm. Sie steht unmittelbar vor der Leinwand des Künstlers und ist mit dem roten Kleid, der blauen Schürze, einem schwarzen Kopf- und weißen Halstuch am deutlichsten herausgearbeitet. Deshalb ist sie auch der intensivste Farbakzent im Bild. Sie blickt in eine braune Holzkiste und begutachtet scheinbar die von einem Mann angebotenen Tiere. Dahinter ragen die Köpfe einer sich rege miteinander unterhaltenden Menschenansammlung hervor. Die Brauntöne der Tierkiste im Vordergrund werden in den Körpern der stehenden und lagernden Rinder in der oberen Bildzone wiederholt. Dazwischen reihen sich Viehgespanne und Planwagen vor schemenhaft angedeuteten Gebäudeteilen. Ebenso unfertig wirkt die skizzenhaft angedeutete Figurengruppe am linken unteren Bildrand.
Mit mehreren blauen Pinselstrichen beendet Groeber dann vermutlich seine gerade erst begonnene Malarbeit. Bei der bereits erwähnten Bäuerin vermischt er Blau mit Schwarz. Bei der Rückenansicht des Mannes, der eine Kiste unter dem Arm trägt, vermalt er den Blauton mit Weiß. Bei der skizzenhaften Andeutung eines Leiterwagens wird der gleiche Blauton noch einmal übernommen.
Hermann Groeber wollte mit seiner idealistischen Sicht auf das Landleben dem scheinbar folkloristischen Treiben auf dem Aichacher Viehmarkt ein künstlerisches Denkmal setzen. Weil er das Bild aber nicht vollendet hat, können wir den bildnerischen Entstehungsprozess in seiner allerersten Phase noch recht präzise nachvollziehen. Vielleicht stand der Künstler mit seiner Staffelei auf der Freitreppe am Rathaus und hat von oben herab seinen allerersten Eindruck mit Pinsel und Farbe auf der Leinwand fixiert, bis er sein Vorhaben unvollendet aufgegeben hat.
Der 1865 in Wartenberg bei Erding geborene Maler Professor Hermann Groeber steht in engen Beziehungen zu Aichach. Nach den Unterlagen im Stadtarchiv erhielt er hier 1901 das Heimatrecht. Der 1905 verstorbene Bruder Dr. Fritz Groeber war praktischer Arzt und liegt auf dem Alten Friedhof begraben, seine Mutter ist laut Meldebogen in Aichach verstorben und der Vater Dr. Anton Groeber war hier von 1888 – 1900 königlicher Bezirksarzt.
Herrmann Groeber studierte von 1883 - 1886 in München an der Kunstakademie. Ausgedehnte Studienreisen nach Holland, Oberitalien und Paris brachten den jungen Maler auch mit den europäischen impressionistischen Kunstrichtungen in Verbindung. Seine Bilder sind „nachimpressionistisch“ und behandeln hauptsächlich bayerische Themen.
Gleichzeitig war er als zeichnerischer Mitarbeiter des satirischen Wochenblattes "Simplicissimus" und der Münchner Zeitschrift "Die Jugend" tätig. Ab 1907 war er Abendaktlehrer an der Königlichen Kunstakademie und ab 1914 war er Leiter einer Malklasse als „Professor für Maltechnik“. Erwähnt werden muss aber auch Groebers geistige Nähe zum erstarkenden Nationalsozialismus nach dem 1. Weltkrieg. Er war schon früh offizieller Förderer der Nationalsozialistischen Gesellschaft für Deutsche Kultur, die später in „Kampfbund für deutsche Kultur“ umbenannt wurde. Er lebte bis zum Tod 1935 in seinem Atelierhaus in Gstadt am Chiemsee. Mit seinen Landschafts- und Genrebildern war er auf vielen Ausstellungen vertreten und gehört deshalb zu den bedeutenderen Münchner Malern um die Jahrhundertwende. In der Neuen Pinakothek und im Lenbachhaus in München befinden sich mehrere Gemälde von ihm, so zu Beispiel „Aichach“, „Mutter des Künstlers“, „Studie aus Aichach“.
Im Jahr 1996 konnte das damalige Heimatmuseum ein Skizzenbuch Groebers mit hervorragenden Zeichnungen seiner Eltern, seines Bruders und eines Unterschneitbacher Bauernmädchens von 1890 erwerben. In der Bildersammlung des Museumsdepots befindet sich auch ein großformatiges Portrait seines Vaters.
Frau Annelies Böhm eine Nichte von Hermann Groeber hat bei der Einrichtung des früheren Heimatmuseums in den 70er Jahren ehrenamtlich viele Gegenstände restauriert. Eine andere Nicht war Frau Hilda Klais, die Frau des früheren Aichacher Chorregenten.